Was macht das Glockenkonzert zu etwas Besonderem?

Bei einem Glockenkonzert spielen folgende zwei Hauptfaktoren eine entscheidende Rolle:

 

  1. Anlass/Liturgie –> Motive
  2. Das Wort „Konzert“ –> Musikalische/künstlerische Gestaltung 

1.   Anlass/Liturgie

Im Rahmen des Glockenkonzerts am 1. Adventssamstag wird das neue Kirchenjahr eingeläutete  –  dabei wird versucht, beide Faktoren zu kombinieren.

Die Glocken einer Kirche werden nicht ohne Anlass geläutet bzw. das Läuten besitzt einen liturgischen Hintergrund.

Sie läuten zum Gebet, Gottesdienst und/oder erinnern die Gläubigen an entsprechende Ereignisse und Anlässe. 

Aus diesem Grund sind auch in den Kirchen sogenannte Läuteordnungen erstellt worden, welche die Reihenfolge und die zu läutenden Glocken entsprechend dem liturgischen Anlass festschreiben.

Bei dem Glockenkonzert wird diese Läuteordnung teilweise durchbrochen. Die meisten geläuteten Motive des Konzerts sind so im Lauf des Kirchenjahres nicht zu hören.

Die Motive werden im Dekanat/Pfarrei jedes Jahr – evtl. nach einem aktuellen Anlass – neu bestimmt bzw. danach auch benannt.

2.  Konzert

Das Wort Glockenkonzert beinhaltet auch den Teil „Konzert“ und soll somit auch die Glocke als Musikinstrument besonders betrachten.

Eine Glocke ist für sich bereits schon ein Musikinstrument. Nur das Läuten selbst reicht schon aus, um eine Musikalische Atmosphäre zu erzeugen (siehe auch Wikipedia: „Glocke„)

Auf diesem Musikinstrument hingegen ein Konzert individuell zu gestalten, sind naturgemäß eingeschränkt.

Eine Melodie – oder sogar ein Lied – kann nicht „gespielt“ werden. Nicht alle Noten einer Tonleiter sind im Glockenturm vorhanden. Anders als bei einem Glockenspiel. Hier werden die Glocken auf einer vollständigen Klaviatur gespielt und somit ist eine Melodieführung möglich.

Deshalb würde eine solches Glockenspiel in St. Stephan nur schwer möglich sein. Das Konzert konzentriert sich auf die Glocken an sich und ihre Läutemöglichkeiten im klassischen Sinn.

Die Glocken in St. Stephan können nicht abrupt eingeschaltet und wieder ausgeschaltet werden.

Einschwingzeit, Hinzutreten der einzelnen Glocken und Zeit zum Ausläuten bilden so die Dynamik des Klangbildes bzw. es wird somit ein Stimmungswechsel erzeugt.

Aber gerade diese Dynamik macht das ganze so besonders und interessant – insbesondere entgegen der üblichen technisch festgelegten Abläufe im Jahresverlauf (Automatisches Läuten durch Programmierung).

Die Gestaltungsmöglichkeiten bzgl. Rhythmik, Kombination oder gar einer Melodieführung sind ebenfalls sehr eingeschränkt.

Somit können auch die künstlerischen Ambitionen und Fähigkeiten des Gestalters des Glockenkonzertes nur eingeschränkt zur Geltung kommen.

Insbesondere die Fähigkeit die Glockendynamik bzw. das Läute-Verhalten der einzelnen Glocken zu kennen ist hier gefragt. Diese in entsprechender Feinheit und Abweichung zum Jahresverlauf darzustellen, spielen hier eine maßgebliche Rolle (siehe unten „Hochfest“ unter „Stimmungswechsel/Melodieführung“).

Nachfolgend wird beschrieben, welche Möglichkeiten zur individuellen Gestaltung – neben den Wechseln der Motiven – bei einem Glockenkonzert bestehen.

Einschaltreihenfolge

Mit der Einschalt-Reihenfolge bzw. den Einschalt-Zeiten kann eine Nuance an Veränderungen – insbesondere zum Läuten im Jahresverlauf – geschaffen werden.

Beispielhaft besteht die Möglichkeit die Motive – nach und nach – von hohen bis tiefen Tönen und umgekehrt zu läuten und natürlich auch zu mischen.

Der Zuhörer erlebt eine „besonderes“ Hörerlebnis durch diese Schaltungen. I. d. R. werden die Glocken immer von höhen Tönen zu tiefen Tönen geschaltet. Insbesondere durch die Programmierungen der Läute-Anlage wird ein immer gleiches Klangbild und Dynamik geläutet. Hier wird eine große Veränderung bei einem Glockenkonzert erzeugt.

Stimmungswechsel/Melodieführung

Achten Sie insbesondere auf den Stimmungswechsel des Klangbildes beim Zuspielen der einzelnen Glocken in den Motiven. Das Klangbild verändert sich jeweils markant beim Aus-/Zuschalten einzelner Glocken.

Versuchen Sie die Stimmung (lebhaft, traurig, dominant…) herauszuhören.

Beim Hochfest ist dies durch die Menge der Glocken besonders deutlich erkennbar. Beim Konzert wird das Hinzuspielen der einzelnen Glocken verzögert, um diesen Effekt deutlich hören zu können. Bei den Hochfesten im Jahr reihen sich die Glocken sehr viel schneller in das Gesamtgeläut ein.

Auch ein besonderer Reiz, hat der Versuch die Glocken gleichzeitig erklingen zu lassen, was eine besondere Dynamik in einzelnen Motiven erzeugt. Hierbei ist aber eine gute und fachliche Kenntnis über das Verhalten der Glocken Voraussetzung und ist somit der schwierigste Teil für den/die „Läutenden“.

Anschlagen – Ausklingen

Außerdem kann das Anschlagen und Ausklingen durch den Versuch die Zug-Energie zu steuern in bestimmtem Rahmen feinjustiert werden. Auch dieser Teil ist sehr schwer individuell zu handhaben. Eine Glocke läutet auch mehrere Sekunden, bzw. sogar unter Umständen Minuten auch ohne Antrieb weiter. Dies ist auch ohne einen hörbaren Anschlagton der Fall. Diese Steuerung ist sehr schwer individuell zu gestalten.

Trotzdem wird beim Glockenkonzert versucht, durch das Schlagverhalten der einzelnen Glocken ein individuelles – insbesondere rhythmisches – Gestaltungsmerkmal herauszuarbeiten.

Stephanus

Insbesondere die Stephansglocke besitzt einen unvergleichlichen Klang. „Da bekomme ich Gänsehaut…“ hört man die Zuhörer oft sagen, sobald diese besondere Glocke erklingt.

Diese Glocke wird nur zu bestimmten Feiertagen und Anlässen geläutet und wird bei dem Konzert wieder eine prominente Rolle einnehmen.

Das Geläut von St. Stephan ist eines der schönsten und interessantesten überhaupt (siehe „Die Glocken„). 

Video- und Tonaufnahmen können an dem Erlebnis vor Ort nicht herankommen.